E R L A N G E R   K A M M E R O R C H E S T E R

 

 


Klosterkirche Erlangen-Frauenaurach

Freitag, 14. November 2003, 20 Uhr

 

Symphoniekonzert

 

Benjamin Britten

1913 - 1976

Simple Symphony für Streichorchester, op. 4

 

Boisterous Bourrée

Playful Pizzicato

Sentimental Saraband

Frolicsome Finale

 

Carl Maria von Weber

1786 - 1826

Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 Es-Dur, op.74

 

Allegro

Romanze

Alla Polacca

 

Franz Schubert

1797 - 1828

Symphonie Nr. 6 C-Dur, D 589

 

Adagio - Allegro

Andante

Scherzo: Presto - Più lento - Presto

Allegro moderato

 

 

Solist: Markus Krusche, Klarinette

 

Leitung: Ulrich Kobilke

 

 

 


Benjamin Britten: Simple Symphony für Streichorchester, op. 4

 

Neben Elgar und Vaughan Williams war Benjamin Britten der größte englische Komponist des 20. Jahrhunderts. Seine Opern  - allen voran Peter Grimes -  machten England nach der Jahrhundertmitte zu einer der führenden Opern-Nationen, und mindestens fünf von Brittens Werken für den Konzertsaal zählen zu den erlesenen Stücken des modernen Repertoires. Eines davon ist die Simple Symphony, entstanden zwischen dem 23. Dezember 1933 und dem 10. Februar 1934 nach Klavierstücken und Liedern, deren Entstehung wiederum bis ins Jahr 1922 zurückreicht.

Die Simple Symphony ist folglich das Werk eines gerade 20-Jährigen, der seinerzeit noch im Londoner Royal College of Music studierte. Doch nichts an der Partitur (für Streicher) deutet auf die Arbeit eines Studenten. Vielmehr demonstriert sie bereits eine der alchimistischen Fähigkeiten des Beni Britten: Es war die Gabe  - trotz fester Verwurzelung in der Vergangenheit -,  eine neue, zeitgemäße Musik zu schreiben, ganz entsprechend jener magischen Formel von der Innovation als Erfüllung von Tradition.

Die Simple Symphony ist neoklassisch und neoromantisch zugleich. Ihr Rückgriff auf alte Tanztypen deutet auf die barocke Suite, doch die Disposition der Sätze ist symphonisch. Die Boisterous (Lärmend-fröhliche) Bourrée beginnt markant barockisierend, wechselt im Mittelteil zu einer Beschwörung des englischen Volkslied-Tones, um dann nach einer im Tempo beschleunigten Coda zu einem augenzwinkernd ruhigem Ausklang zu finden

Das Hauptthema des Playful (Verspieltes) Pizzicato kennt jeder Hörer von Bayern4Klassik, wo es als Jingle der Pin-Wand in der mittäglichen Music Hall fungiert. Das Stück  - für gezupfte Streicher -  spielt auf entsprechende Sätze von Tschaikowky und Johann Strauß an.

Die Sentimental (Gefühlvolle) Saraband ist der längste, gewichtigste Satz der Simple Symphony, die so simpel (oder naiv) nicht ist. Nach der sonoren, leidenschaftlichen Eröffnung schlägt die Musik tragische Töne an. Der sentimentale Mittelteil erinnert an die Nostalgie Mahlers und Elgars.

Am Ende steht ein Frolicsome (Ausgelassenes) Finale, das in seinem Impetus (mit nachschlagenden Begleitrhythmen) zugleich auf Tschaikowsky zurück wie auf Schostakowitsch voraus weist.

 

Carl Maria von Weber: Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 Es-Dur, op. 74

 

Neben dem Klavier war die Klarinette das bevorzugte Soloinstrument Carl Maria von Webers. Seine Klavierwerke (Solostücke und Konzerte) schrieb er zum eigenen Gebrauch. Seine Werke mit Beteiligung der Klarinette als Solo-Instrument entstanden indes für den Freund Heinrich Joseph Bärmann (1774 - 1847), den größten Klarinettisten seiner Zeit. Bärmann war zunächst Militärmusiker, später Erster Klarinettist der Bayerischen Hofkapelle in München. Dort brachte Weber 1811 seine Oper Abu Hassan heraus, und er schrieb für Bärmann ein Klarinetten-Concertino. Bei der Münchner Uraufführung im April gefiel dieses Stück König Maximilian von Bayern so gut, dass er bei Weber und Bärmann gleich zwei Klarinettenkonzerte in Auftrag gab. So entstanden im Frühjahr 1811  - exakt zehn Jahre vor dem Freischütz -  die beiden Klarinettenkonzerte. Sie sind beide absolute Spitzenwerke ihrer Gattung.

Das Es-Dur-Konzert, das zweite der beiden, wurde am 25. November 1811 in München uraufgeführt, und zwar, wie Weber formulierte, mit rasendem Beifall, da es Bärmann göttlich blies. Der erste Satz beginnt im Duktus französischer Marschkonzerte. Nach der ausgreifenden Orchestereinleitung beginnt der Solist seinen Vortrag mit einem atemberaubenden Coup  -  mit einem Sprung durch drei Oktaven nach unten, vom extrem hohen dreigestrichenen Es hinunter zum extrem tiefen Es der sogenannten kleinen Oktave. Dieser spektakuläre Solo-Eingang ist zugleich Signum jener wirkungsvollen virtuosen Brillanz, die den Kopfsatz prägt. Der langsame Mittelsatz, eine Romanze in g-Moll, weist auf den Freischütz voraus; opernhaft ist nicht zuletzt das gleichsam inszenierte Rezitativ des Solo-Instrumentes gegen Ende des Satzes. Alla Polacca (Auf polnische Art) ist schließlich das Finale überschrieben. Es ist formal eine Art Sonatenrondo, gespeist aus einem effektvoll synkopierten Polonaisenthema, das mannigfach abgewandelt und virtuos ausgeziert wird und somit das Konzert applaustreibend beschließt.

 

Franz Schubert: Symphonie Nr. 6 C-Dur, D 589 (Kleine C-Dur)

 

Kleine C-Dur  -  nur wenige Beinamen musikalischer Kunstwerke sind so irreführend wie der von Schuberts Sechster Symphonie. Wohl in bester Absicht war er einst gewählt worden, um dieses kurzweilige, charmante Werk von jenem gigantischen Klangkosmos in der selben Tonart abzugrenzen, der als Schuberts Neunte oder eben als Große C-Dur in die Musikgeschichte einging. Natürlich sind das Groß und das Klein dabei nicht qualitativ sonder lediglich quantitativ zu verstehen. Doch Unvergleichliches sollte man ohnehin nicht vergleichen, und unter den frühen Schubert-Symphonien stellt die zwischen Oktober 1817 und Februar 1818 entstandene Sechste die Krönung dar. Ihr Reiz besteht nicht zuletzt in der aparten Mixtur von Haydn- und Rossini-Anklängen mit Schuberts ureigenstem Idiom.

So steht am Anfang der Sechsten, ganz nach der Art Haydns, eine majestätische Adagio-Introduktion, deren Dur-Moll-Wechsel und weiträumige Entwicklungen gleichwohl schon die unverkennbare Handschrift Schuberts tragen. Indes gemahnt auch der Beginn des Allegro-Hauptteiles an Haydn: Wie in dessen Militärsymphonie intonieren die Holzbläser  - aller damaligen Konvention zum Trotz -  ganz alleine das Hauptthema. Genauso werden das zweite Thema und der Epilog der Exposition von den Holzbläsern eingeführt, nun allerdings zu vibrierender Streicherbegleitung. Die Durchführung ist reich an polyphonen Entwicklungen  und weist dabei einmal mehr dem Bläserapparat eine gleichberechtigte Rolle bei der Entfaltung des thematischen Materials zu. Die Reprise beginnt regulär in C-Dur mit der Wiederkehr des Hauptthemas in Flöten, Oboen und Klarinette. Sie bringt auch Seitenthema und Epilog in der bekannten Gestalt und mündet dann in eine beschleunigte Coda (Più moto), die den Satz prononciert beschließt.

Im zweiten Satz (wie auch im Finale) wollte man immer wieder den Einfluß Rossinis nachweisen. Dessen Opern hatten 1816 erstmals die Donau erreicht und die Wiener in ein regelrechtes Rossini-Fieber versetzt. Indes erscheint es schwierig, im Andante von Schuberts Sechster Symphonie Fingerabdrücke des Italieners nachzuweisen. Vielmehr herrscht hier fast durchweg der innige, beseelte Ton von Schuberts Kantabilität, die charakteristisch eingefärbt wird durch jene für die Harmonik des Komponisten so typischen Klangwechsel zwischen terzverwandten Tonarten wie C-Dur und As-Dur oder F-Dur und Des-Dur.

Erstmals in seiner Symphonik überschrieb Schubert in der Sechsten den dritten Satz nicht mit Menuetto, sondern mit Scherzo. Vorbild dieses dahineilenden Presto ist zweifellos der entsprechende Satz aus Beethovens Erster Symphonie. Während dort jedoch der Mittelteil aus den Rahmenteilen abgeleitet wird, wählt Schubert das Mittel des Kontrasts.. Sein Trio schlägt unverhohlen einen volkstümlichen Ländlerton an und wischt dadurch jeden Zweifel an Schuberts Autorenschaft vom Tisch.

Unverkennbar schubertisch atmet auch das Finale, wenngleich das Hauptthema einmal mehr von Schuberts Haydn-Nachfolge kündet (hier in Form von Reminiszenzen an den Schlusssatz aus Haydns �Nr. 88�). Die Brillanz und der Witz dieses Finales deuten indes genauso auf Rossini wie seine Form. Es besteht aus vier Abschnitten, die nach einer Rückleitung wiederholt werden und dann in eine Coda münden. In ihrem majestätischen C-Dur-Gestus ist diese Schlusspartie von einer Grandeur, die Rossini so nicht kannte - sie deutet darauf, dass Schubert auf symphonischem Terrain schon bald noch Größeres vollbringen sollte.

Klaus Meyer

Markus Krusche wurde 1985 in Heidelberg geboren und erhielt im Alter von 10 Jahren seinen ersten Klarinettenunterricht bei Horst Schicker; später war er Schüler von Christian Adler und Prof. Ulf Rodenhäuser. Momentan erhält er als Jungstundent an der Musikhochschule Nürnberg-Augsburg Unterricht bei Prof. Harald Harrer und ist darüber hinaus Privatschüler von Prof. Martin Spangenberg, dem ehemaligen Soloklarinettisten der Münchner Philharmoniker. Wichtig für seine künstlerische Entwicklung ist auch die kammermusikalische Arbeit mit dem Fagottisten Prof. Karsten Nagel und dem Pianisten Wolfgang Bauer-Schmidt.

Er ist erster Preisträger des Bundeswettbewerbes Jugend musiziert. In diesem Jahr wurde ihm außerdem zusammen mit seinem Ensemble der Sparkassen-Sonderpreis Bayern verliehen. Des weiteren ist er Preisträger des Musikpreises der Nürnberger Nachrichten 2003 und Stipendiat der von Yehudi Menuhin gegründeten Organisation Live Music Now. Seit dem Frühjahr 2002 spielt er im Bayerischen Landesjugendorchester.

Als Solist trat er unter anderem mit dem Philharmonischen Orchester der Stadt Regensburg und dem Brandenburgischen Staatsorchester auf.

 

Ulrich Kobilke, 1952 in Bayreuth geboren, stand 1986 zum ersten Mal am Pult des Erlanger Kammerorchesters, das ihn 1993 zu seinem ständigen Dirigenten wählte.

Seine Ausbildung zum Schulmusiker erhielt er an der Münchener Musikhochschule. Zu dieser Zeit leitete er die Prager Universitätssängerschaft in München.

Er ist in Erlangen als Seminarleiter tätig und hat einen Lehrauftrag für Musikgeschichte an der Musikhochschule Nürnberg. Im Dezember 2000 nahm er an einem Meisterkurs von Menahem Pressler (Beaux Arts Trio) in Basel teil. Als Pianist widmet er sich mit großem Vergnügen der Kammermusik.

 

 


Im Mesnerhaus neben der Kirche, in dem sich auch die Toiletten befinden, werden in der Pause (nach dem Klarinettenkonzert) Getränke und ein kleiner Imbiss gereicht. Die Einnahmen aus dem Pausenverkauf gehen an den Förderverein Klosterkirche Frauenaurach.

 

Das ERLANGER KAMMERORCHESTER dankt seinen Sponsoren

 

PKS Systemtechnik GmbH, Erlangen

Dr. Peter Koller

 

Blumen-Walter, Erlangen

 

für die Unterstützung dieses Konzertes

 

 


Voranzeige

 

Das Erlanger Kammerorchester konzertiert im Rahmen der

40-jährigen Städtepartnerschaft Erlangen - Rennes

mit seinem Partnerorchester ARS JUVENIS aus Rennes

 

am Freitag, den 21. Mai 2004

 

im Redoutensaal Erlangen