Erlanger Kammerorchester

Sommerserenade

Samstag, 30. Juni 2001, 19 Uhr

Sonntag, 1. Juli 2000, 19 Uhr

Schloß Weißenstein, Pommersfelden

Ludwig van Beethoven
(1770 -1827)

Musik zu einem Ritterballett
WoO 1

I. Marsch
II. Deutscher Gesang
III. Jagdlied
IV. Romanze
V. Kriegslied
VI. Trinklied
VII. Deutscher Tanz
VIII. Coda

Konzert für Violine und Orchester D-Dur
op. 61

I. Allegro ma non troppo
II. Larghetto (attaca subito)
III. Rondo. Allegro

Symphonie Nr. 10 Es-Dur

(Rekonstruktion des ersten Satzes von Barry Cooper)

Solist:

Mathias Bock

Leitung:

Ulrich Kobilke






Ludwig van Beethoven

Ritterballett - Violinkonzert - 10. Symphonie

Dreimal Beethoven steht auf dem Programm des heutigen Konzerts - drei Werke aus drei Schaffensphasen des Komponisten: aus seiner frühesten Zeit, als er noch in seiner Geburtsstadt Bonn lebte, aus seiner mittleren Periode (dem sogenannten "Heroischen Stil") und aus seiner Spätzeit.

Musik zu einem Ritterballett WoO 1

Das sogenannte "Ritterballett" ist ein Werk des gerade zwanzigjährigen Beethoven. Bei der Uraufführung am 6. März 1791 im Bonner Redoutensaal trug es allerdings noch nicht den Titel "Ritterballett", und als sein Komponist war nicht Beethoven genannt, sondern dessen grosser Förderer Ferdinand Graf Waldstein. Erst für die Druckpublikation 1838 - also elf Jahre nach Beethovens Tod - wurde der Titel "Musik zu einem Ritterballett" offiziell und der Name Beethoven "schwarz auf weiss" als Komponist genannt. Eingereiht in der Rubrik "Werke ohne Opuszahl" (WoO) erhielt das Ritterballett in Beethovens Werkverzeichnis später die Nummer 1.

Dass Beethoven seinerzeit nur als "Ghostwriter" fungierte, scheint ihn nicht gestört zu haben. Graf Waldstein war vom Deutschen Ritterorden 1788 zum Ritter geschlagen worden und wollte sich bei einem Gesellschaftsfest des Adels auch als Komponist entsprechend präsentieren. Beethoven schrieb ihm dazu eine Folge von charakteristischen Tänzen, die kein Ballett mit einer Handlung darstellen, sondern eine Gesellschaftstanzmusik sind, bei der die adeligen Damen und Herren die Darsteller selbst waren.

Instrumentiert für ein kleines, aber mit Trompeten und Pauken besetztes Orchester, besteht das Ritterballett aus acht Sätzen von insgesamt rund einer Viertelstunde Aufführungsdauer. Der eröffnende Marsch und die abschliessende Coda bilden Aufzugs- und Abgangsmusik. Obwohl die Sätze dazwischen vielfach den Zusatz "Lied" tragen, wird in keinem gesungen. Es sind einfache, periodisch gegliederte Tanzsätze, wobei der "Deutsche Gesang" rondoartig wiederkehrt.

Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61

Das Violinkonzert op. 61 entstand 1806 in zeitlicher Nachbarschaft zur Vierten Symphonie op. 60 und zum Vierten Klavierkonzert op. 58. Mit diesen Werken teilt op. 61 den weitgehenden Verzicht auf dramatische Konflikte und grosses Pathos. Vorherrschend ist zumal im Violinkonzert ein lyrischer Grundton und eine innere Ruhe und Abgeklärtheit im Ausdruck, die entscheidend von der Fülle an einprägsamen, sehr sanglichen und nur wenig kontrastierenden Themen geprägt sind. Tatsächlich hat Beethoven die Wirkung einer Komposition selten so auf die Schönheit und Eingängigkeit der melodischen Erfindung aufgebaut wie im Violinkonzert.

Kennzeichnend für den ersten Satz sind sogleich die kantable Melodik und die klare zweitaktige Periodik seiner charakterlich sehr ähnlichen Themen sowie jenes einprägsame Paukenmotiv, das den Satz von Anfang an gleichsam wie ein roter Faden durchzieht. Auch von anderen Instrumenten übernommen, geht es allen wichtigen Themen voraus oder begleitet sie. Auch der langsame Satz, ein in andere Sphären entrücktes Larghetto, lebt von der feierlichen Eindringlichkeit seiner Themen: einem sehr zarten, wiederum liedhaften ersten und einem zweiten Thema der Solovioline, dessen Vortragsanweisung "cantabile" (gesanglich) lautet. Nach einer in höchste Höhen aufsteigenden und dabei im dreifachen Piano sich auflösenden Figur der Solovioline folgt eine gebieterische Fortissimo-Geste des Orchesters, und die Violine leitet mit einer Kadenz unmittelbar (attacca subito) zum Finale über.

Zum ersten Mal ist es nicht das Orchester, sondern die Solovioline, die ein Hauptthema zuerst vorstellt. Es bestimmt weithin den Verlauf des Satzes. Den einzigen Kontrast bildet eine exotisch anmutende Episode in g-Moll - vielleicht Beethovens Reverenz an die Werke jener Virtuosen-Komponisten, die von ihren Konzertreisen in slawische und mediterrane Länder folkloristische Melodien und Tänze mitbrachten und der Mode des Tages entsprechend in ihre Werke übernahmen.

Symphonie Nr. 10 Es-Dur

Wer von einer "Zehnten" Beethovens liest, mag sich zunächst einmal verwundert die Augen reiben. Beethoven hat doch, wie jeder weiss, nur neun Symphonien geschrieben. Mit der legendären "Neunten", deren "Freuden-Thema" zu einer der berühmtesten Melodien aller Zeiten wurde, beschloss er 1824 krönend sein symphonisches OEuvre und machte damit die 9 zur einer gefährlich-schicksalhaften Zahl für alle späteren Symphoniker.

Doch in jenem Jahr 1824, in dem die "Neunte" vollendet wurde, begann Beethoven tatsächlich mit der Arbeit an einer Zehnten Symphonie. Der Auslöser zur Inangriffnahme eines solchen Projekts lag - wie schon im Falle der "Neunten" - merkwürdigerweise weit weg von Wien, jenseits des europäischen Kontinents sogar: in London nämlich. Bereits im Juni 1817 war die dortige "Philharmonic Society" mit einem Auftragswunsch über zwei Symphonien an Beethoven herangetreten. Vermittelt hatte Beethovens "English Connection" sein ehemaliger Schüler Ferdinand Ries, der seit 1813 erfolgreich in London als Pianist und Komponist wirkte. Beethoven sagte zu, die beiden Symphonien für die Saison 1817/18 fertigzustellen und in London unter seiner Leitung aufzuführen. Doch dann liess er seine englischen Auftraggeber im Stich. Beethoven vollendete die "Neunte" erst sechs Jahre später, ohne dabei noch an London zu denken. Lediglich die unverwechselbare Eigenart der "Neunten" Vokalstimmen einzubeziehen, deutet auf England - war doch dort seit Händels Zeiten Chormusik zu Orchesterbegleitung überaus beliebt.

Der große Erfolg, den die "Neunte" dann bei ihrer Wiener Uraufführung 1824 erzielte, drang auch nach London. Und es spricht für die Grösse und Noblesse der Herren der Londoner "Philharmonic Society", dass sie sich trotz Beethovens Ignoranz ihnen gegenüber im Dezember 1824 erneut an den Komponisten mit einem Auftrag für eine Symphonie wandten. Beethoven, offenbar erfüllt von schlechtem Gewissen gegenüber jenen, die seine Kunst trotz seiner Unverlässlichkeit so hochschätzten, begann nun sofort mit der Arbeit - mit der Arbeit an seiner Zehnten Symphonie. Wie Beethovens Freund Karl Holz zu berichten weiss, hatte der Komponist die Symphonie im Kopf fertiggestellt und am Klavier schon vorgespielt, als er 1827 starb. Niedergeschrieben waren indes nur Skizzen, die allerdings immerhin so weit gediehen waren, dass der englische Musikwissenschaftler Barry Cooper 1989 eine Rekonstruktion des ersten Satzes wagen konnte. Diese mag nur einen beschränkten Blick auf das vermitteln, was Beethoven in seiner Zehnten Symphonie vorhatte. Sicher scheint jedoch eines: Beethoven wollte nach der choralen "Neunten" mit seiner "Zehnten" wieder eine reininstrumentale Symphonie schreiben. Damit aber wird Wagners These widerlegt, Beethoven habe mit der Einbeziehung von Vokalstimmen in die "Neunte" erkannt, dass die reine Instrumentalmusik, i.e. die klassische Symponik, am Ende sei. Wie das Fragment der "Zehnten" beweist, glaubte Beethoven unerschütterlich an die rein instrumentale Symphonik. Die Zukunft sollte ihm Recht geben.

K. Meyer

Mathias Bock

Der in Finnland geborene Geiger absolvierte sein Studium an der Musikhochschule Stuttgart bei Prof. Keltsch und bei Prof. Th. Egel-Goldschmidt an der Musikhochschule Würzburg. Die weitere Ausbildung erfolgte bei Lydia Dubrovskaya in Augsburg.

Mathias Bock ist seit 1991 Mitglied der Nürnberger Symphoniker. Als Gründer des "Symphonischen Streichtrios Nürnberg" ist er mit diesem durch zahlreiche Auftritte bekannt geworden. Neben seiner Orchester- und Konzerttätigkeit besitzt er ein großes pädagogisches Engagement, von dem seine bei vielen Wettbewerben erfolgreichen Schüler profitieren.

Er ist seit einigen Jahren 1. Konzertmeister des Erlanger Kammerorchesters. Bei mehreren Konzerten, auch mit befreundeten Orchestern wie dem Kammerorchester der Jenaer Philharmonie, hatte er bereits Soloauftritte mit Werken von Mozart, Schubert und Prokofiew.

Ulrich Kobilke

stand 1986 zum ersten Mal am Pult des Erlanger Kammerorchesters, das ihn 1993 zu seinem ständigen Dirigenten wählte.

Seine Ausbildung zum Schulmusiker erhielt er an der Münchener Musikhochschule. Zu dieser Zeit leitete er die Prager Universitätssängerschaft in München.

Er ist in Erlangen als Seminarlehrer tätig und hat einen Lehrauftrag für Musikgeschichte an der Musikhochschule Nürnberg. Im Dezember 2000 nahm er an einem Meisterkurs von Menahem Pressler (Beaux Arts Trio) in Basel teil. Als Pianist widmet er sich mit großem Vergnügen der Kammermusik.



Wir danken herzlichst unseren Sponsoren

PKS Systemtechnik GmbH
Dr. Peter Koller

und

Schuh-Schuster
Erlangen

für die Unterstützung dieses Konzertes.